Erstmals verurteilt ein Gericht eine Versicherung, die sich geweigert hatte, eine HIV-infizierte Frau zu versichern

23 Juni 2017
Diskriminierungsgrund: Weitere Diskriminierungsgrunde

Unter Androhung eines Zwangsgeldes von 2.500 Euro für jeden Verstoß hat das Handelsgericht Brüssel angeordnet, dass die Versicherungsgesellschaft Cardif eine diskriminierende Praxis beenden muss, aufgrund derer sie einer HIV-infizierten Person den Abschluss einer Versicherung verweigert hatte.

Das Gericht gab einer Dame recht, die im Rahmen eines Hypothekendarlehens keine Restschuldversicherung abschließen konnte, da sie HIV-positiv war. Nachdem sie geklagt hatte, schloss sich auch Unia der Klage an.

Cardif, eine Tochtergesellschaft der BNP Paribas Gruppe, hatte vor Gericht angegeben, dass sie keine andere Möglichkeit gehabt habe als der Frau die Versicherung zu verweigern, da das Risiko nicht abzuschätzen sei.

Unia bezog klare Position. Die von der Versicherung begründete Weigerung stellte einen Verstoß gegen das belgische Gesetz vom 10. Mai 2007 zur Bekämpfung bestimmter Formen von Diskriminierung dar, das 19 Kriterien, unter anderem den Gesundheitszustand, schützt.

„Wir sind zufrieden mit diesem Urteil. Die Vertragsfreiheit des Versicherers ist nicht unbegrenzt, sondern wird vor allem durch das Antidiskriminierungsgesetz eingeschränkt. Einer HIV-Patientin eine Restschuldversicherung zu verweigern, bedeutet, dieser Person auch den Zugang zu Eigentum zu verweigern. Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass dieser Frau die Aussicht auf ein Lebensprojekt genommen wird, was grundsätzlich rechtswidrig ist.“

Wir weisen darauf hin, dass aus einer aktuellen Forschungsstudie über die Diskriminierung von HIV-positiven Personen hervorgeht, dass ein Drittel der Meldungen von HIV-infizierten Personen, die bei Unia eingehen, den Zugang zu und das Angebot an Waren und Dienstleistungen betrifft. In den meisten Fällen handelte es sich um die Verweigerung einer Versicherung. Für HIV-infizierte Personen haben derartige administrative Probleme erhebliche Folgen, die sich nicht nur darauf beschränken, dass ihnen eine Gleichbehandlung verweigert wird. Es entstehen negative Gefühle (Ungerechtigkeit, Verlassenheit, Verrat, Scham), die den Gesundheitszustand HIV-infizierter Personen zusätzlich verschlechtern können.