10 Jahre Antidiskriminierungsgesetze: Unia deckt Hauptdefizite auf
Unia hat das Antidiskriminierungs- und Antirassismusgesetz unter die Lupe genommen und einen Bericht mit 27 Empfehlungen veröffentlicht. In groben Linien kommt Unia zu der Einschätzung, dass die Gesetze bestimmte Opfer außen vor lassen und in einigen Fällen nicht wirklich greifen. Der Bericht beruht auf den Erfahrungswerten von Unia aus rund 17.000 Fällen. Die Gesetze sind seit 10 Jahren in Kraft.
Unia betont, dass die Antidiskriminierungsgesetzgebung größtenteils ihren Zweck erfüllt. Nicht alle EU-Staaten haben einen solch weitreichenden Gesetzesrahmen wie Belgien. „In dem Gesetz sind nicht weniger als 19 geschützte Merkmale festgehalten, während die EU-Richtlinie lediglich sechs Merkmale aufführt. Lobenswert sind auch die umfangreichen Anwendungsmöglichkeiten des Gesetzes, die über das von der EU vorgeschriebene Maß hinausgehen. Auch der pauschale Schadenersatz von sechs Monaten Lohn für Diskriminierungsopfer auf dem Arbeitsmarkt verdient Anerkennung‟, findet Els Keytsman, Unia-Direktorin.
Dennoch beanstandet Unia, dass einige Gesetzesbestimmungen noch unzureichend Anwendung finden, wie der Schutz für bestimmte Opfer.
1. Besserer Opferschutz
Höherer Schadenersatz
Unia fordert einen höheren pauschalen Schadenersatz für manche Opfer. Bei Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt fallen zwar hohe Schadenersatzsummen an, doch ist dies nicht der Fall bei Diskriminierungen in anderen Bereichen. „Das Gesetz spricht derzeit pauschal 1.300 Euro zu. Dieser Betrag reicht kaum, um die Verfahrenskosten zu decken. Nicht unbedingt ein Anreiz, die Täter auf dem Rechtsweg zur Verantwortung zu ziehen‟, wird kritisiert.
Höhere Strafen bei einer Reihe von Delikten
Bei bestimmten Delikten plädiert Unia zudem für härtere Strafen, als es im derzeitigen Strafgesetzbuch der Fall ist, wenn ein niederes Motiv vorliegt. Die Antidiskriminierungsgesetzgebung schreibt eine Liste von Straftaten fest, bei denen ein höheres Strafmaß gefordert werden kann, sobald das Motiv Hass lautet (niederes Motiv). Da aber manche Straftaten noch nicht in diese Liste aufgenommen wurden, können die Täter bei diesen Delikten derzeit nicht härter bestraft werden.
„Wenn gegenwärtig ein homosexueller Mann aufgrund seiner sexuellen Orientierung erpresst oder beraubt wird, kann der Täter momentan nicht zu einer härteren Strafe wegen niederen Motivs verurteilt werden‟, führt Keytsman vor Augen.
„Gesundheitszustand‟ breiter auslegen
Unia fordert zudem eine breitere Auslegung des Merkmals Gesundheitszustand. „Bisher ist in dem Gesetz nur die Rede vom gegenwärtigen und künftigen Gesundheitszustand der Betroffenen, obwohl bei uns Meldungen eingehen, dass Personen entlassen werden, weil sie vorher eine Krankheit hatten.‟
2. Mehr Durchsetzungskraft
Praxistests
Sorge bereitet auch der Umstand, dass Praxistests nicht ausdrücklich in der Antidiskriminierungsgesetzgebung genannt sind. Keytsman erklärt: „Viele Diskriminierungsbeschwerden laufen ins Leere, weil es keinen Beweis gibt, auch wenn die Verschiebung der Beweislast bereits zivilrechtlich möglich ist. So verfehlt das Antidiskriminierungsgesetz oft sein Ziel.‟
„Praxistests sind eine bewährte Methode, eine Diskriminierung nachzuweisen‟, fährt Keytsman fort. „Weil das Gesetz sie aber nicht ausdrücklich zulässt, sind sie vor Gericht nicht sehr belastbar. So darf ein Diskriminierungstäter momentan geltend machen, dass die Fakten, die gegen ihn sprechen, nicht als Beweis verwendbar sind, weil sie unrechtmäßig erbracht wurden (durch Provokation).‟
Positive Diskriminierungsmaßnahmen
Positive Diskriminierung ist bisher nur in der Theorie möglich. „Das Antidiskriminierungsgesetz nennt positive Diskriminierungsmaßnahmen als Möglichkeit, der negativen Diskriminierung entgegenzuwirken, äußert sich aber nicht näher zu Inhalten oder Vorgehensweisen. Wenn Unternehmen also gezielt Personen aus bestimmten Risikogruppen einstellen, diskriminieren sie schlicht und ergreifend. Unia will, dass sich dies ändert‟, bekräftigt Keytsman abschließend.
Den vollständigen Bericht finden Sie hier in Französisch oder Niederländisch.
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